Liechtensteinklamm
Die Liechtensteinklamm befindet sich im südlichen Stadtgebiet von St. Johann im Pongau am Eingang zum Großarltal an der Großen Arl.
Entstehung der Klamm
Als eine der tiefsten Wildwasserschluchten in den Alpen ist die Liechtensteinklamm ein einzigartiges Naturphänomen.
Die bis zu 3 000 Meter mächtigen Gletscher der Tauern schufen das Salzachtal. Ihr Geschiebe grub sich jedoch tiefer in den Boden als jene Bäche und kleineren Gletscher der Seitentäler. Nach dem Verschwinden der Gletscher blieben hohe Geländekanten zwischen dem Salzachtal und den Seitentälern zurück.
Der reißende Großarler Gebirgsbach fraß sich über Jahrtausende durch die Felsen dieser Geländekante. Das Wasser war stärker als die Klammkalke und Klammschiefer. So entstand eine fast 300 Meter tiefe und vier Kilometer lange Schlucht, eben die Liechtensteinklamm.
Geschichte
Es hatte mehrerer Anläufe bedurft, bis diese wildromantische Klamm 1875 von Mitgliedern des Pongauer Alpenvereins für Publikum erschlossen werden konnte. Baumeister war der Tiroler Alois Larcher aus Grins-Pians bei Landeck. Im Laufe der Arbeiten aber ging den Männern das Geld aus. Auch weil die Arbeiter für ihre gefährliche Tätigkeit mehr Lohn forderten. Zwar wurden 1.000 Gulden über Anteilsscheine gesammelt, aber es war immer noch zu wenig. In ihrer Not wandten sie sich an Fürst Johann II. von Liechtenstein, der im nahen Großarl eine Jagdwirtschaft betrieb. Bei einem Empfang in Zell am See wandte sich eine Delegation aus St. Johann an ihn mit der Bitte um eine finanzielle Unterstützung. Spontan erklärte sich der Fürst zu einer Spende von 600 Gulden bereit, mit der das Werk 1876 vollendet werden konnte. Als Dank dafür war dann auch für die bedeutendste Schlucht der österreichischen Alpen der Namensgeber gefunden: Die Liechtensteinklamm.
Am 22. Mai 1876 wurde der Klammsteig dann eröffnet. Schon im ersten Sommer wurden 12 000 Besucher gezählt. Im ausgebauten Teil der Klamm sind glattgewaschene Wandbildungen, formenreiche Vertiefungen und mehrere Wasserfälle zu sehen.
Der Erfolg führte aber innerhalb der Führung des Alpenvereins zu Streitereien über Zuständigkeiten und Besitzverhältnis. Gelöst wurden diese Probleme, in dem man 1878 den Klammsteig der Gemeinde St. Johann im Pongau übergab, die seither die Verwaltung und den Betrieb des Steigs macht.
Zu einer heftigen Auseinandersetzung führte 1922 die Absicht, das Wasser für die Stromerzeugung zu nutzen. Energienutzung kontra Naturschutz, am Ende stand ein Kompromiss: Der Klamm wurde nahe der Alten Wacht ein Großteil des Wassers entzogen und zu einem Elektrizitätswerk in der Plankenau in St. Johann im Pongau geführt. Trotzdem konnte sich die Klamm ihre Originalität bewahren.
Die Liechtensteinklamm wurde im Jahre 1942 zum Naturdenkmal erklärt.
1988 stürzte der bekannte Alpinist und Sportkletterer Thomas Bubendorfer in der Liechtensteinklamm bei Werbeaufnahmen ab und verletzte sich schwer.
Im Winter 2011–2012 entstand auf 500 Quadratmetern ein Besucherzentrum beim Eingang zur Klamm. Kassa, Drehkreuze, Kiosk und Souvenirladen, Gastwirtschaft mit Gartenbetrieb, Küche, Technik und Kühlräume, Toiletten, Wohnräume für Pächter und Personal, Büro, Platzvorsorge für Ausstellungen und ein Kinderspielraum wurden um 1,7 Millionen Euro errichtet. Davon befinden sich 300 m² oberirdisch, der Rest unterirdisch, was aufgrund der Flächenwidmung (Grünland) notwendig war.
Im Sommer wird seit einigen Jahren ein besonderes mystisches Ereignis angeboten: "Liechtensteinklamm im Fackelschein". Untermalt von den Klängen klassischer Musik können die Besucher durch die mit Fackeln beleuchtete Klamm bis zum Wasserfall wandern.
Die Klamm zählt durchschnittlich 150 000 Besucher jährlich, 2012 waren es über 170 000.
2015 konnte die Klamm mit ihrem bisher besten Saisonergebnis abschließen. Von Mai bis Oktober wurden 189 594 Gäste gezählt. Mit diesem Rekordergebnis in nur 5 Monaten ist die Liechtensteinklamm die meist besuchte Sehenswürdigkeit im Pongau.[1]
2016 wurde dieses Rekordergebnis eingestellt. Noch vor Saisonende, wurde bereits am am 9. Oktober die Rekordbesucherzahl von 200 000 erreicht. [2] Insgesamt durchwanderten in diesem Jahr 210 006 Gäste die Liechtensteinklamm. [3]
Am 14. Dezember 2020 stürzte ein 33-jähriger Arbeiter tödlich in der Klamm ab. Der Industriekletterer war mit Felssicherungsarbeiten im hintersten Teil der Klamm beschäftigt, als er plötzlich rund 40 Meter tief in das Bachbett abstürzte. Zwei Arbeiter hörten den Schrei des Mannes, zogen ihn auf eine Sandbank und leisteten Erste Hilfe. Trotz der Reanimationsversuche erlag der Kroate noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen.[4]
Felssturz 2017
Am 27. Mai 2017 ereignete sich ein massiver Felssturz von der Großarler Landesstraße in die Liechtensteinklamm. Dabei wurden Stege zerstört und 17 Menschen im hinteren Teil der Klamm eingeschlossen. Diese wurden von der Bergrettung über Notsteige geborgen. Es blieben alle unverletzt. Die Klamm wurde auf unbestimmte Zeit gesperrt. [5]
Sanierung nach dem Felssturz
Nach einem einstimmigen Gemeindevertretungsbeschluss investierte die Gemeinde über 3,5 Millionen Euro in die Sanierung. [6]
Die Umsetzung des Liechensteinklammprojektes war eines der umfangreichsten und anspruchsvollsten Bauvorhaben dieser Art in Österreich.
In den folgenden zwei Jahren wurden aufwändige Sanierungsarbeiten in der Klamm durchgeführt. Am 18. März 2019 wurde der offizielle Anstich für den 40 Meter langen "Karin-Tunnel" gefeiert. Er wurde nach seiner Tunnelpatin Karin Mitterer, der Gattin von Bürgermeister Günther Mitterer benannt und von Dechant Josef Dürlinger eingeweiht.
40 Personen arbeiteten täglich an der Sanierung und Neugestaltung des beliebten Ausflugsziels. Der letzte Tunneldurchschlag erfolgte Ende Juni 2019. Drei neue Tunnel- und vier Galerieanlagen mit einer Gesamtlänge von 130 Metern wurden errichtet. 59 Steinschlagschutznetze mit einer Gesamtlänge von 1 100 Meter wurden befestigt, dafür wurden rund 3 000 Meter Anker gebohrt. Die Schutznetze wurden mit dem Hubschrauber eingeflogen. Zusätzlich wurden umfangreiche Vorkehrungen für die Sonderbauten - Treppenanlage (Helix), Plattformen, Steganlagen und ein Brückenbauwerk - getroffen. Zur Überwachung von Felsklüften wurden 25 Kluftenweitenmesser (Telejointmeter) in den teils überhängenden und 200 m hohen Felsflanken montiert.
Die neuen Tunnel- und Galeriestrecken sowie Aussichtsplattformen und Steganlagen wurden architektonisch an das Landschaftsbild der Klamm angepasst.
2020 wurden noch Restmontagearbeiten für die Stahlbaukonstruktion und Anschlussarbeiten zum bestehenden Weg sowie die jährlich notwendigen Felsräumungsarbeiten durchgeführt. Auf Grund der Situation rund um das Coronavirus konnten die Arbeiten im Frühjahr 2020 erst verspätet aufgenommen werden und so musste der ursprünglich geplante Eröffnungstermin neuerlich verschoben werden.
Am 11. Juni 2020 wurde die Liechtensteinklamm wieder für Besucher geöffnet. Aufgrund der Coronapandemie war die Anzahl der Besucher, die sich gleichzeitig in der Liechtensteinklamm aufhalten dürfen, begrenzt und es war das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes vorgeschrieben. Die Sommermonate 2020 brachten trotzdem einen großen Besucheransturm.
Die Klamm heute
Mit der Sanierung bekam die Liechtensteinklamm eine neue Attraktion, die zirka 30 Meter hohe spiralförmige Treppenanlage mit dem Namen "Helix". Sie führt in die Tiefe, wo die Besucher atemberaubende Eindrücke des Naturschauspiels erleben können. Am 6. Mai 2021 wurde das Projekt "Helix-Liechtensteinklamm" mit dem Österreichischen Stahlbaupreis ausgezeichnet.
2022 schaffte es die Liechtensteinklamm als Vertreter für das Bundesland Salzburg auf Platz 2 der ORF-Sendung "9 Plätze – 9 Schätze", in der jährlich der schönste Platz Österreichs gekürt wird.
Öffnungszeiten 2022
Die Klamm ist bis 31. Oktober von 09.00 bis 16.00 Uhr geöffnet.
Klammgasthof
Zum Angebot der Attraktion gehört auch ein gastronomischer Betrieb, der sogenannte Klammgasthof. Er befindet sich im Besitz der Stadt St. Johann. Im Oktober 2011 wurde er abgerissen und mit dem Neubau begonnen. Für die Klamm war daher in diesem Jahr der letzte Öffnungstag der 2. Oktober. Mit Eröffnung der Saison 2012 ging das neue Gasthaus mit dem Namen "Klamm Fürst" in Betrieb. Es wurde nach dem Felssturz in der Liechtensteinklamm 2017 bis zur Wiedereröffnung geschlossen.
2020 übernahm eine neue Pächterin das Gasthaus im Eingangsbereich der Liechtensteinklamm. Es trägt nun den Namen "Klammwirtin" und ist ab 21. Mai geöffnet. [7]
Literatur
- Mooslechner, Walter: Geheimnisvolle Liechtensteinklamm, Verlag Anton Pustet, 2013
Bilder
Liechtensteinklamm – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im Salzburgwiki
Bilder vom Tunnelanschlag "Karin Stollen" – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im Salzburgwiki
Liechtensteinklamm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
Weblinks
- Homepage Gasthaus Klammwirtin
- www.sn.at, 5. Juni 2020
Quellen
- Website des Tourismusverbandes St. Johann im Pongau
- Texte aus "Das Geheimnis der Liechtensteinklamm" von Walter Mooslechner, gefunden auf der Homepage der Klamm
- Durch Österreichs Schluchten von Hans Matz, Pollner Verlag 1991
- Salzburger Woche, Ausgabe Pongauer Nachrichten, 26. Mai 2011 - Bisher fünf Bewerber für "Klamm"
- Salzburger Nachrichten, 19. November 2011
- Salzburger Woche, Ausgabe Pongauer Nachrichten, 16. Mai 2013, Geschichtliche Ergänzungen
- Facebook der Stadtgemeinde St. Johann im Pongau mit den Arbeiten Anfang Juli 2019
- St. Johann Journal, Ausgabe Februar 2020
Einzelnachweise
- ↑ St. Johann Journal, Dezember 2015
- ↑ St. Johann Journal, Oktober 2016
- ↑ St. Johann Journal, Dezember 2016
- ↑ www.sn.at, 14. Dezember 2020
- ↑ ORF-Interview mit dem Katastrophenreferenten der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau, Norbert Passrugger
- ↑ Homepage der Stadtgemeinde St. Johann im Pongau
- ↑ Homepage Gasthof Klammwirtin