Johann Rudolph Czernin
Johann Rudolph Czernin von und zu Chudenitz (* 9. Juni 1757 in Wien;[1] † 23. April 1845 ebenda) war ein k. k. österreichischer Verwaltungsbeamter und Kunstsammler.
Leben
Johann Rudolph Czernin entstammte dem böhmischen Uradelsgeschlecht Czernin von und zu Chudenitz. Sein Vater war Graf Prokop Adalbert Czernin (* 23. März 1726; † 30. Jänner 1777)[2], der Mozart Ende 1776 eine Jahresrente ausgesetzt hatte. Seine Mutter war Maria Antonia von Colloredo (* 21. April 1728; † 2. Oktober 1757)[3], die Schwester des letzten regierenden Salzburger Fürsterzbischofs Hieronymus Graf Colloredo.
Der junge Johann Rudolph Czernin studierte bei seinem von der Aufklärung begeisterten Onkel an der Benediktineruniversität Salzburg, wo er auch seine spätere Frau Maria Theresa Gräfin zu Schönborn-Heussenstamm (* 7. Juni 1758 in Wien; † 23. Februar 1838 ebenda)[4] kennenlernte. Czernins Schwester Maria Antonia Gräfin von Lützow (verheiratet mit Johann Gottfried Graf von Lützow) und er hatten Beziehungen zu Wolfgang Amadé Mozart. Dieser schrieb sogar ein Violinkonzert für Czernin und das 8. Klavierkonzert für seine Schwester. 1778 gründete Czernin ein Orchester, das am Sonntagnachmittag bei der Familie Lodron musizierte.
Am 15. Oktober 1781 wurde in Wien der Ehevertrag zwischen Johann Rudolph Graf Czernin und Maria Theresia Josepha Gräfin von Schönborn unterzeichnet. Die kirchliche Trauung, welche vom kunstsinnigen Apostolischen Nuntius Giuseppe Kardinal Garampi (* 1725; † 1792) zelebriert wurde, fand am 22. Oktober 1781 in Wien statt. Czernins Trauzeugen waren sein Oheim, der Salzburger Fürsterzbischof Hieronymus Graf von Colloredo, Heinrich Joseph Fürst von Auersperg und der mächtige Staatskanzler Wenzel Anton Dominik Fürst von Kaunitz-Rietberg.[5]
Johann Rudolf Czernin, der im Alter von 88 Jahren starb, hinterließ seine private Kunstsammlung mit fast 2 000 Kupferstiche. Diese bildeten den Grundstock für die Czerninschen Kunstsammlung.
Aus seinem Leben
Nach 25 Monaten, die Johann Rudolph Graf Czernin unter der Aufsicht seines Hofmeisters und Instruktors Oberstleutnant Karl Ludwig Freiherr von Petermann bereits in der Stadt Salzburg lebte, trug er sich am 8. November 1776 in das Matrikelbuch der Benediktineruniversität als Hörer des öffentlichen Rechts und der Reichsgeschichte ein. Er durfte bald darauf als "Practicant" an den Sitzungen des Hofrats teilnehmen und "an der Rath Tafel allen Räthen" vorsitzen. Daneben widmete sich der junge Graf dem Erwerb von Fremdsprachen. Als der "englische Sprachmeister Schwarz" im Mai 1778 in Salzburg weilte, nahm Czernin mit Petermann sowie den Grafen Kuenburg, Althann, Wolfegg und Lodron einige Lektionen. Oft war er in der Hofreitschule zu finden, wo er für das Reiterkarussell probte, das alljährlich am Namenstag des Landesfürsten (30. September) aufgeführt wurde. Zusammen mit dem Salzburger Adel spielte er in verschiedenen Theaterstücken, deren Organisation und Hauptrolle er zumeist selbst übernahm.[6]
Johann Rudolph Graf Czernin war seit seiner seiner Jugend der Musik zugetan. Johann Michael Haydn zählte zu seinen Lehrern, der Salzburger Hofmusiker Antonio Brunetti zu seinen Günstlingen und die Mozarts zu seinem Bekanntenkreis. Für Johann Rudolphs Vater komponierte Wolfgang Amadé die "Kontratänze" (KV 269b) und für seine Schwester das "Lützow-Konzert" (KV 246). Czernin, der Mozarts Kompositionen "mit dem gewissen feuerrothen gesicht und zitternder Stimme" enthusiastisch lobte, initiierte mit Erfolg Liebhaberkonzerte, da er "mit seiner fiedlerey bey hofe nicht zufrieden" war und "dirrigieren" wollte. Die Aufführungen fanden im Mirabellgarten und im Kaffeehaus Staiger statt, zudem wurde in den Wohnungen des Domdechanten, des Oberststallmeisters und des fürsterzbischöflichen Leibarztes musiziert.
Die Liebe zur Musik begleitete Czernin sein Leben lang. 1803 war er Subskribent von Werken des Komponisten Joseph Preindl. Anfang 1824 gehörte er zu dem Kreis "vaterländischer Kunstverehrer", die Beethoven zu überreden suchten, mit neuen Werken seine "Zurückgezogenheit" zu beenden. 1828 organisierte er ein Konzert des Starvirtuosen Niccolò Paganini im Wiener Burgtheater zu ermäßigten Eintrittspreisen und überreichte dem Künstler im Auftrag von Kaiser Franz I. das Ernennungsdekret zum k. k. Kammervirtuosen.
In Salzburg übte sich Czernin in der Kunst der Kontratänze, bei denen die Tänzer zahlreiche, zum Teil recht schwierige Figuren tanzten. Mit Hingabe wählte er die Masken für die Faschingsbälle bei Hof und im Rathaussaal aus. Unter seiner Regie verkleideten sich die jungen Adeligen als Bootsknechte, Waldmänner und Schweizer Gardisten. Er selber trat gemeinsam mit seiner Herzensdame, der jungen Maria Theresia Josepha Gräfin von Schönborn (* 1758; † 1838), als Götterpaar auf. Sein Großvater, der Fürst von Colloredo, der nach dem Tod des Vaters (1777) auch sein Vormund war, sah diese Liebelei nicht gerne, da er die von seinem Enkel gewünschte Braut für zu unvermögend hielt. Beim Antritt von Johann Rudolphs Kavalierstour hoffte der Großvater daher, die Leidenschaft seines Enkels werde während der mehrjährigen Reise abkühlen. Doch sollte er sich täuschen. Johann Rudolph, der Nachfahre so vieler berühmter Ahnfrauen, traf eine Wahl wie noch keiner seiner Vorfahren: Er entschied sich für die Liebe![7]
Im Juni 1779 trat der der junge Johann Rudolph Graf Czernin seine Kavalierstour. Aus den folgenden zwei Jahren ist neben seinem Reisejournal die rührende Korrespondenz eines jugendlichen Liebespaares erhalten.
Bei seiner ersten Reisestation in München. Hier wurde Czernin von Kurfürst Karl Theodor auf Schloss Nymphenburg empfangen. Czernin vermerkt in seinem Tagebuch, dass der bayerische Landesherr ein "großer Liebhaber von Mahlereien, Antiken, besonders aber von Musik" war, die er nach dem Urteil des Grafen "auf den besten Fuß gesetzet hat". Über Freising, Landshut, Regensburg, Nürnberg, Würzburg und Aschaffenburg führte die Reise bis nach Amsterdam. Dort besuchte Czernin das Krankenhaus und schreibt "Ein sehr saubers Spital für Männer und Weiber welches aber für die Größe der Stadt Amsterdam nicht hinlänglich scheinet; […] Das einzige was hier auszusetzen wäre, ist das die Kranken zu zweien in einem Bette liegen; und wenn […] einer stirbt, so bleibt sein Gespann bei ihm liegen bis er verschieden" ist.
In Amsterdam musste Czernin auf einen Kreditbrief seines großväterlichen Vormunds warten, bevor er nach Paris weiterreisen konnte. Dieser traf schließlich zusammen mit einem Schreiben des gestrengen Fürsten ein, der ihm "Sparsamkeit und die Meidung gefährlicher Gesellschaften" auftrug. In Paris schloss der Graf Bekanntschaft mit dem einst mächtigen französischen Staatsmann Étienne-François de Choiseul (1719–1785) und dem später durch die "Halsbandaffäre" unrühmlich bekannt gewordenen Louis René Édouard Kardinal de Rohan-Guémené (* 1735; † 1803). Seine Herzensdame neckte er mit ihrer Ähnlichkeit zur Königin Marie Antoinette, die ihn durch ihren überaus freundlichen Empfang in Versailles seine Sehnsucht ein wenig hatte vergessen lassen. Die junge Gräfin wusste sich jedoch in der nächsten Faschingssaison glänzend zu rächen, indem sie ausführlich von den Wiener Maskenbällen schwärmte.
Von Frankreich führte die Reise weiter nach Italien, wo der Graf die Stadt Neapel besuchte. Hier regierte eine weitere Tochter Maria Theresias, die machtbewusste Maria Carolina von Neapel-Sizilien, die Czernin wie "zufällig" über die junge Gräfin Schönborn ausfragte. Nachdem Johann Rudolph seiner Herzensdame umgehend Bericht erstattet hatte, schrieb diese an ihren verblüfften Geliebten über die Intention der Königin: "Ich würde schon glauben, dass die Fragen, die sie Ihnen über mich gestellt hat, nicht ohne Absicht waren, um Sie ein wenig in Verlegenheit zu bringen, da sie vielleicht informiert ist, dass Sie ein gewisses Interesse haben, was mich betrifft".[8]
Czerninschen Kunstsammlung
1795 erwarb Czernin das Kaiserhaus in Wien, das einst Kaiser Franz Stephan Lothringen, dem Ehemann Maria Theresias, gehört hatte. Czernin verwaltete dort seine Betriebe und Finanzen. Er präsentierte das aus einer Kunstsammlung, was er als unteilbar und unveräußerlich in den Fideikommiss - eine Art Familienstiftung - einbrachte. Als 1938 unter der NS-Herrschaft die Fideikommisse verfielen, zerfiel auch die Sammlung Czernin, zunächst auf zwei Erben. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Wiener Palais Czernin zerbombt und die böhmischen Familiengüter waren verloren. So wurde die Kunstsammlung bis 2004 verkauft, meist Stück für Stück.
Auf die Initiative von Landeshauptmann Wilfried Haslauer senior erwarb 1980 das Land Salzburg 41 Gemälde. Bis 1995 kaufte die Residenzgalerie weitere Gemälde an und heute besitzt sie 71 der weltweit verstreuten Gemälde, etwa von Rembrandt, Potter oder Ruysdael.
Bildlink
Quellen
- Salzburger Nachrichten, 23. November 2015, Hedwig Kainberger
- Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia zum Thema "Johann Rudolph Czernin"
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag im Taufbuch
- ↑ de.rodovid.org
- ↑ de.rodovid.org
- ↑ de.rodovid.org
- ↑ www.facebook.com, Posting von Christoph Brandhuber, 21. Juni 2023
- ↑ Facebook, ein Beitrag von Christoph Brandhuber am 16. Juni 2023
- ↑ Facebook, ein Beitrag von Christoph Brandhuber am 19. Juni 2023
- ↑ facebook, ein Beitrag von Christoph Brandhuber am 20. Juni 2023