Salzburger Festspiele 1933
Die zwölften Salzburger Festspiele 1933 fanden vom 28. Juli bis 31. August 1933 statt.
Das Festspieljahr 1933
Am Abend des 17. August 1933 wurde in der Stadt Salzburg europäische Theatergeschichte geschrieben. Für Max Reinhardts "Faust"-Inszenierung wurde die Felsenreitschule eine Naturbühne für großes Theater geworden, und das mit einer bisher noch nie gesehenen Simultanbühne, auf der alle Szenen ohne Umbauten zu verfolgen waren: die Fauststadt.
Per 1. Juli 1933 hatte Adolf Hitler, seit Ende Jänner 1933 deutscher Reichskanzler, die Tausend-Mark-Sperre erlassen, womit ein Großteil der Touristen ausblieb. Ziel dieses de-facto-Reiseverbots und anderer Sanktionen: Österreich sollte wirtschaftlich geknebelt werden, auf dass es Hitlers Wunsch folge, sich ans Dritte Reich anzuschließen.
Am 24. Juni 1933 war das Modegeschäft Ornstein in der Getreidegasse, dessen Eigentümer von Nationalsozialisten als "jüdisch" verachtet war, per Bombenanschlag arg beschädigt worden. Auch Regisseur Max Reinhardt war längst von Nazis als "Jude" verunglimpft; er konnte 1933 nicht mehr nach Berlin, wo ihm das Deutsche Theater gehörte. Er verlor es ersatzlos. Auftritte deutscher Künstler in Österreich bedurften mittlerweile der Genehmigung von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels. Mehrmals im Juli hatten deutsche Flugzeuge über Salzburg Flugzettel abgeworfen, die etwa zu Steuerstreik und Abheben der Spareinlagen aufforderten.
Am Tag der "Faust"-Premiere ging der christlich-soziale Landeshauptmann Franz Rehrl ans Radiomikrophon und sagte: "Wir begrüßen es mit besonderer Genugtuung (...), wenn Salzburg den ,Faust', die unsterbliche Schöpfung des größten Dichters der Deutschen, einer ebenso vielsprachigen wie dichtgedrängten Menge von Gästen vergegenwärtigen kann". Das Typoskript macht sichtbar, dass er akkurat diese Stelle überarbeitet hatte: Worte gestrichen, ergänzt, konkretisiert.
Es wird einem bang, wenn man Fotos und Dokumente betrachtet, wenn man Franz Rehrls da ausgesprochenen Widerstand gegen Hitler und seine öffentliche Unterstützung Max Reinhardts sowie die Erläuterungen der Kuratoren liest, die im Stefan Zweig Centre Salzburg in der Edmundsburg in einer Ausstellung im Sommer 2023 zu sehen sind. Da ist zu erfahren, dass Bundeskanzler Engelbert Dollfuß im August 1933 zwei Mal nach Salzburg reiste, um demonstrativ zwei Mal Max Reinhardts "Faust" zu besuchen. Da liegt ein Artikel des "Stürmer"; in dieser antisemitischen Hetzschrift wurde der Salzburger "Faust" als "koscheres Fest der Beschneidung Goethes" und "Vergewaltigung arischer Schöpfung" beschimpft.
Bildergalerie
Weblink
- ANNO, "Salzburger Volksblatt", Ausgabe vom 2. Februar 1933, Seite 5: Der "Salzburger Faust" 1933
Quellen
- Kaut, Josef: Festspiele in Salzburg, Residenz Verlag Salzburg, 1965
- archive.salzburgerfestspiele.at Programm
- archive.salzburgerfestspiele.at Geschichte
- www.sn.at, 19. Juli 2023: "Salzburger Festspiele: "Faust" wird ein Politikum", ein Beitrag von Hedwig Kainberger
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