Johannes Neuhardt
Apostolischer Protonotar Prälat Prof. Dr. phil. Johannes Neuhardt (* 22. September 1930 in der Stadt Salzburg; † 12. Oktober 2025) war ein Salzburger Theologe und Heimatforscher.
Leben
Johannes Neuhardt wurde in eine alte Salzburger bürgerliche Familie hineingeboren. Sein Vater war Senatsrat Dr. Hans Neuhardt, seine Mutter Ida, geborene Weinkamer. Für einen seiner Vorfahren schrieb Leopold Mozart die Hochzeitsmusik.
18 Jahre lang absolvierte er in demselben Gebäude, jenem der Alten Universität an der Hofstallgasse, seine Ausbildung: erst in der Volksschule unter der Aula, dann im Gymnasium, dann an der Theologischen Fakultät. Er kam aus einer katholischen Familie; sein Vater, Senatsrat im Magistrat der Landeshauptstadt, wurde wegen seiner NS-kritischen Haltung gleich nach dem "Anschluss" 1938 entlassen. Trotzdem war Johannes Neuhardt während der NS-Zeit bei der Katholischen Jugend und ministrierte stets im Salzburger Dom. So war er als Schüler der 5. Klasse Zeuge des Bombentreffers auf den Dom am 16. Oktober 1944, der die Kuppel zum Einsturz brachte. "Als wir aus dem Schutzbunker traten, war alles voll Staub", erzählte er in einem SN-Gespräch 2005. "Der erste Weg führte uns zum Dom. Über einem zwölf Meter hohen Schuttkegel klaffte das Loch der eingestürzten Kuppel."
Er maturierte im Jahr 1948 am Akademischen Gymnasium Salzburg. Nach der Mittelschule studierte er Theologie in Salzburg. Als er 22-jährig am 12. Juli 1953 von Erzbischof Andreas Rohracher zum Priester geweiht wurde, war dies außergewöhnlich: Der Erzbischof habe zwei Mal nach Rom schreiben müssen, um eine Sondergenehmigung zu erhalten, erzählte Johannes Neuhardt 2023 in einem seiner vielen Gespräche mit den "Salzburger Nachrichten".
Es folgten mehrere Seelsorger-Stellen und ein Zweitstudium der Kunstgeschichte und Archäologie in Innsbruck. Dort wurde Neuhardt 1960 zum Dr. phil. promoviert und war ab diesem Jahr in verschiedenen Funktionen an der Salzburger Kurie tätig.

1974 gründete er das Salzburger Dommuseum und dort 20 Sonderausstellungen kuratiert - unter anderem über Schöne Madonnen, Steinbockhorn und Johannes Nepomuk. Dem Salzburger Dommuseum folgten weitere Museumsgründungen: 1977 in Mattsee, 1993 in Rattenberg und 2003 in Maria Kirchental. Weiters hat er die Johannes-Kirche am Imberg - an der Stiege zum Kapuzinerkloster - mustergültig sanieren lassen. Und er hat den Kardinal-König-Kunstpreis gestiftet, den die Erzdiözese Salzburg seither alle zwei Jahre vergibt; neben dem Otto-Mauer-Preis ist das einer der wichtigsten österreichischen Preise für zeitgenössische Kunst.
Er war seit 1978 Mitglied des Domkapitels und fungierte von 1992 bis 2005 als dessen Dekan (Domdechant). In dieser Eigenschaft setzte sich Neuhardt unermüdlich für die Restaurierung des Doms ein, als dessen 80 Meter hohe Marmorfassade starke Schäden zeigte. Er konnte rund 40 Millionen Schilling für die Sanierung der stark beschädigten Fassade auftreiben; etwa 30 Millionen Schilling wurden noch benötigt. 1998 sollte die Sanierung – pünktlich zum 1200-Jahre-Jubiläum der Erhebung Salzburgs zum Erzbistum – abgeschlossen sein. Als Spende für die geplante Benefizauktion zugunsten des Doms am 28. Juni 1997 im Diözesansaal überreichte Bürgermeister Dr. Josef Dechant anlässlich der Verleihung des Bürgerbriefs der Stadt Salzburg an Neuhardt am 10. März 1997 zwei Reliefs des Salzburger Künstlers Bernhard Prähauser. Die beiden Werke aus Ankäufen der Stadt – "Die Kreuzabnahme Christi" und ein mit "Jedermann" betiteltes Werk – dürften bei Kunstkennern hoch im Kurs stehen. Die Versteigerung wurde mit dem Salzburger Dorotheum durchgeführt, der Reinerlös kam ausschließlich der Domsanierung zugute.
Herausragendes Ereignis seiner Laufbahn war der Besuch von Papst Johannes Paul II. 1988, den er maßgeblich mitorganisierte. Politisch brisant war der von ihm eingefädelte Besuch des tschechischen Kardinals František Tomášek 1979 in Salzburg, der als Erzbischof von Prag offen Widerstand gegen das kommunistische Regime leistete. Für seine zahlreichen wichtigen Initiativen in der Kirche ernannte ihn laut Wikipedia Papst Paul VI. zum Ehrenprälaten. Papst Johannes Paul II. verlieh ihm den Titel "Apostolischer Protonotar".
In seiner Funktion als Domkonservator eröffnete er am 3. Oktober 2009 die Krypta des Konradinischen Doms für die Öffentlichkeit.
Der exzellente Kunsthistoriker war durch seine Fachkenntnis und Offenheit ein Wegbereiter für die zeitgenössische Kunst in der Erzdiözese Salzburg. Bei zahlreichen neuen und neu gestalteten Kirchen brachte er das II. Vatikanische Konzil zur Geltung. Das Dommuseum, die Telefonseelsorge Salzburg und die Medienkommission der Erzdiözese Salzburg sind ebenso eine Initiative des gebürtigen Salzburgers wie der richtungweisende Kardinal-König-Kunstfonds der Erzdiözese Salzburg.
Noch wenige Wochen vor seinem Tod verfasste er einen Aufsatz über eine seiner kunsthistorischen Entdeckungen: über vier Hängekreuze in Stift Nonnberg, als deren Schöpfer er den bayerischen Barockbildhauer Ignaz Günther (* 1725; † 1775) identifizierte. Denn: Ignaz Günther sei in seinen Lehrjahren auch in Salzburg bei Josef Anton Pfaffinger eingekehrt gewesen. Zwar sei unbekannt, wie das Stift Nonnberg in den Besitz dieser außergewöhnlichen Kunstwerke gelangt sei. Doch er stellte fest: "Die Handschrift des Meisters ist voll nachvollziehbar."
Anekdote
Nach Kriegsende kehrte Madame Jeanne Peyrebère nach Salzburg zurück. Prälat Johannes Neuhardt erinnerte sich, dass eines Morgens im Dezember 1945 um 6 Uhr die Hausglocke läutete. Draußen stand eine alte Frau mit großem Rucksack und wollte seinen Vater sprechen. Neuhardt erklärte der Frau, dass nur seine Mutter zu Hause sei, und ließ sie zu ihr in den ersten Stock gehen. Kurz darauf hörte er den beglückten Ausruf seiner Mutter: "Die Marquise ist wieder da!".
Vorträge
- Salzburg im 19. Jahrhundert, in SALZBURG Geschichte & Politik (Mitteilungen der Dr. Hans Lechner-Forschungsgesellschaft), 26. Jahrgang, Heft 1/2, September 2016 (PDF, Dateigröße: 4,41 MB)
Publikationen
- Mein Salzburg: Die verkaufte Schönheit, Müry Salzmann Verlag, Salzburg, 2020
- Nur die Stille stillt: Mythos Mysterium Mystik, Müry Salzmann Verlag, Salzburg, 2018
- Salzburg, die schönsten Seiten der Festspielstadt, Brandstätter Verlag Wien, 2013, gemeinsam mit Wolfgang Straub
- Es klingt der Stein: Erkundungsgänge im geistlichen Salzburg, verfasst gemeinsam mit Jürgen Flimm, Friedrich Kurrent, Olga Neuwirth, Hans Schabus, Heinrich Schmidinger und Peter Simonischek, Verlag Anton Pustet, Salzburg, 2006
- Johannes von Nepomuk, Styria Verlag, Graz, 1979
- Salzburg - Bewahrte Schönheit, Fotos des Bildbandes von Dr. Wolfgang Schütz, Pannonia Verlag, Freilassing, 1976
- Wallfahrten im Erzbistum Salzburg, Verlag Schnell und Steiner, Regensburg, 1982
- Salzburgs Wallfahrten in Kult und Brauch. Katalog zur XI. Sonderschau des Dommuseums zu Salzburg, 1986.
- Sonderschau Dommuseum Salzburg, Eigendruck 1986
- Der Dom zu Salzburg, Verlag Schnell und Steiner, Regensburg, 1980
Quellen
- eine Presseaussendung der Stadt Salzburg von 1997
- Salzburger Nachrichten, 3. Oktober 2009 und 22. September 2010
- RES (Regesta Ecclesiastica Salisburgensia), Eintrag Neuhardt, Johannes (1930-)
- Stierle, Günter: Stammbaum und Geschichte der Familie Spängler, 2022, Seite 179
- www.sn.at, 12. Oktober 2025: Prälat Johannes Neuhardt im 96. Lebensjahr in Salzburg verstorben - er begründete das Dommuseum, ein Beitrag von Hedwig Kainberger
Vorgänger |
Domdechant 1992–2005 |
Nachfolger |
Vorgänger – |
Geistlicher Assistent der Telefonseelsorge Salzburg 1977–2003 |
Nachfolger |
Vorgänger – |
Direktor des Salzburger Dommuseums 1974–1994 |
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