Heinrich Damisch

Professor Heinrich Damisch (* 4. Dezember 1872 in Wien; † 8. Juni 1961 in der Stadt Salzburg)[1] war ein Journalist.

Leben

Heinrich Eduard Maria Damisch war der Sohn des k.k. Hauptmanns Heinrich Damisch und seiner Frau Emanuela Maria Julia, geborene Prochaska. Die langjährige Direktorin des Wirtschaftskundlichen Bundesrealgymnasiums Salzburg Dr. Edith Damisch (* 1922; † 2015) ist beider Tochter.

Nach seiner Ausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt war er Offizier. Er arbeitete im militärkartografischen Institut in Wien. Nachdem er 1924 an einem Auge erblindete studierte er in Wien Musikwissenschaft sowie Volkswirtschaft und wurde Journalist.

Zur Erblindung auf einem Auge war es am [19. August]] 1922 gekommen, am Tag der Grundsteinlegung des nicht gebauten Festspielhaus im Schlossgarten Hellbrunn. Die Festgäste waren gut gelaunt, einige wohl auch etwas übermütig, wie die Tochter von Damisch, Hofrätin Edith Damisch in einem Gespräch mit Hedwig Kainberger von den "Salzburger Nachrichten" erzählte. Die übermütige Festgesellschaft begann eine Zapfenschacht im Park. Dabei wurde Heinrich Damisch von einem Fichtenzapfen in einem Auge getroffen. Die Verletzung war so stark, dass Damisch bald darauf infolge einer Netzhautablösung ganz erblindetet. Er beendete seine geschäftsführende Tätigkeit als Direktionsmitglied der Festspielhaus-Gemeinde. Ab dann war er vor allem als Kritiker tätig.

Ab 1917 hatte Damisch seine Sommerfrische in Salzburg verbracht, zunächst in Golling. Nachdem ihm das Hin- und Herfahren zwischen Wien, wo er als Journalist arbeitete, und Salzburg zu mühsam wurde, kaufte er sich ein Haus in Salzburg-Aigen. 1945 verlegte Damisch dann seinen Wohnsitz von Wien nach Salzburg.

Salzburger Festspielhaus-Gemeinde

Heinrich Damisch war einer der Wegbereiter und Mitbegründer der Salzburger Festspiele. 1913 war er Gründungsvorstand der Akademischen Mozart-Gemeinde Wien, welche 1963 an seinem Wohnhaus in der Aigner Straße 43 eine Gedenktafel enthüllte.

Während des Mozartfestes im Sommer 1906 anlässlich des 150. Geburtstags von Wolfgang Amadé Mozart trafen sich täglich fünf Männer auf der Veranda des Hotel zum Goldnen Schiff am Residenzplatz. Mozarteumsfunktionär Friedrich Gehmacher, der wie Gehmacher dem Altherrenverband des Wiener akademischen Gesangsverein angehörender Redakteur und Musikschriftsteller Heinrich Damisch, der ehemalige Hofapotheker Dr. Wenzel Sedlitzky, der als "bester Mozartspieler Europas" gerühmte Carl Prohaska, Professor am Wiener Konservatorium und ein Vetter Damischs, der auch als Komponist geschätzt war, und der Chefredakteur des "Salzburger Volksblattes" Rudolf von Freisauff. Sie alle gehörten seit einigen Jahren dem Mozart-Festkomitee an. Sie planten bereits das nächste Mozartfest, doch nach Ende des Mozartfestes 1906 blieben nur Gehmacher und Damisch der ursprünglichen Proponenten am Residenzplatz übrig. Deren beiden wichtigstes Anliegen war der Bau eines Festspielhauses in Salzburg als Gedenkstätte für Mozart nach dem Vorbild des Bayreuther Festspielhauses.

Die beiden fanden im Sommer 1916 ein passendes Grundstück unterhalb der in Wallfahrtskirche Maria Plain. Einwendungen des Denkmalschutzes und Mitgliedern der Stiftung Mozarteum, allen voran die Sängerin Lilli Lehmann, brachten diesen Plan aber zum Scheitern.

Am 1. August 1917 gründete er aber dann gemeinsam mit Friedrich Gehmacher den Verein Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. Dieser war zunächst Forum für Idealisten, der von einem Mozartfestspielhaus in Salzburg träumte, der in Kriegs- und Nachkriegszeit dafür Spenden auftrieb, der eine Zeitschrift herausgab und erste Subventionen besorgte. Ab 1920 war er Veranstalter der Salzburger Festspiele. Das idealistische wie organisatorische Fundament dafür hatten Heinrich Damisch und Friedrich Gehmacher gelegt. Weil ihnen der Glamour der Künstler fehlte, werden sie nie als Gründerväter bezeichnet. Dieser Titel wird Max Reinhardt, Hugo von Hofmannsthal, Franz Schalk und Richard Strauss zuerkannt, obwohl diese erst ein bis drei Jahre nach Gründung des Vereins Festspielhaus-Gemeinde in dessen Organisation eingebunden wurden, nämlich als Mitglieder des Kunstrats. Das führte zum Bruch mit der Stiftung Mozarteum.

Seine nationalsozialistische Vergangenheit

In gewisser Hinsicht ist es lindernd, Heinrich Damisch zu vergessen. Denn er hat die Welt nicht nur in Richtung Mozart, Kunst und Festspiele gedreht, sondern er war auch frühes Mitglied der NSDAP. Er hatte für die "Deutsch-österreichische Tageszeitung" (DÖTZ) geschrieben, die zunächst – sie erschien ab 1920 – deutschnational war, dann immer mehr zum Sprachrohr der österreichischen Nationalsozialisten mutierte und als solches 1933 verboten wurde. Der Historiker Gert Kerschbaumer bezeichnete im Buch "Begnadet für das Schöne" (verfasst mit Karl Müller, Wien, 1992) Heinrich Damisch als "ideologischen Wegbereiter des Anschlusses und des Judenpogroms, einen Antisemiten". Damisch publizierte ab 1938 Artikel wie "Die Verjudung des österreichischen Musiklebens", er forderte 1938 für Salzburg ein Westfestspielhaus mit Blick auf den Obersalzberg, und Gauhauptmann Albert Reitter soll ihn für "seine nationalsozialistisch kämpferische Einstellung für die Reinhaltung deutscher Kunst" gelobt haben.

Nach dem Verbot der "DÖTZ" war Heinrich Damisch Mitarbeiter des Hetzblattes "Der Weltkampf. Monatsschrift für völkische Kultur und die Judenfrage in aller Welt."

Ein Auszug aus dem Artikel: "Die Verjudung des österreichischen Musiklebens": "Zu den stärksten Demütigungen des arischen Geistes nach dem Weltkriege gehörte die Imprägnierung der Musik mit den verschiedenen Formen des Jazz mit seinen negroiden Rhythmen und den dem Judenohr besonders angenehmen Nasalinstrumenten. In dieser Niggermusik konnte sich das artsverwandte Judentum völlig ausleben (...)."[2]

Doch Heinrich Damisch, der am 11. August 1922 Mitbegründer der "Internationalen Gesellschaft für Neue Musik" mit Sitz in Wien war, in der Geschichte der Salzburger Festspiele verschämt zu verschweigen, wäre unangemessen. Denn mit der Erinnerung an ihn könnte auch das Wissen um einen Zusammenhang schwinden: Die Geschichte der Salzburger Festspiele ist ohne den Nationalsozialismus nicht denkbar – als Widerstand gegen den Nationalsozialismus in den 1930er-Jahren und als Instrument für den Nationalsozialismus von 1938 bis 1945. Und ließe man Heinrich Damisch als Persona non grata außer Acht, müsste man Gleiches mit Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan, Clemens Krauss und Karl Böhm tun. Und so wie diese vier war auch Heinrich Damisch ein unermüdlicher Wegbereiter dessen, was Salzburg weltberühmt gemacht hat: Mozartstadt und Festspielstadt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde über Damisch kein Beschäftigungsverbot verhängt, im Zuge der Entnazifizierung wurde er als minderbelastet eingestuft. Nach 1945 war er in der Internationalen Stiftung Mozarteum aktiv. Vor allem setzte er sich dafür ein, dass die nach einem Bombenangriff übrig gebliebene Hälfte des Mozart-Wohnhauses nicht abgerissen wurde.

Ehrungen

Die Internationale Stiftung Mozarteum verlieh Heinrich Damisch am 23. März 1950 die Silberne Mozart-Medaille.[3] Am 25. März 1953 ernannte sie ihn zu ihrem Ehrenmitglied.

1956 wurde ihm die Goldene Medaille der Landeshauptstadt Salzburg verliehen.

Am 8. August 1957 erhielt er das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

Die Heinrich-Damisch-Straße im Salzburger Stadtteil Parsch war bis 2024 ihm benannt.

Literatur

  • Robert Hoffmann: "Wer war Heinrich Damisch? Versuch einer biographischen Annäherung." In: Cornelia Szabó-Knotik, Barbara Boisits (Hg.): "Musicologica Austriaca 27" (2008). Jahresschrift der Österreichischen Gesellschaft für Musikwissenschaft 2009, S. 181–209.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Taufbuch des Feldsuperioriats Wien, Band XIX, S. 71.
  2. Unschärfen - Zur Gegenwart von nationalsozialistischer Vergangenheit in Salzburg, Link war bei einer Überprüfung am 24. November 2024 nicht mehr abrufbar
  3. Angermüller, Rudolph und Rech, Géza: Hundert Jahre Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg 1880–1980. Eine Chronik. Kassel (Bärenreiter) 1980, Seite 144.