Rajsigl

Die Süßwarenfirma Rajsigl, später Mirabell, heute Salzburg Schokolade GmbH, ist ein Süßwarenhersteller in der Flachgauer Marktgemeinde Grödig.
Geschichte
Das Unternehmen wurde von Bartholomäus Rajsigl 1897/98 als "Chocolade-, Canditen- und Bisquit-Fabrik" in der Rupertgasse 15 in der Stadt Salzburg gegründet. In den 1920er-Jahren gehörte Bartholomäus Rajsigl auch der Turner Hof am Giselakai, in dem das Café Corso untergebracht war. Später wurde die Firma in das eigene Fabriksgebäude in die Lasserstraße 35a übersiedelt. Ein Verkaufsgeschäft befand sich in der Theatergasse 16.
Vor dem Ersten Weltkrieg waren 240 Arbeiter und Angestellte im Unternehmen tätig. Während des Zweiten Weltkriegs war die Produktion eingestellt, die erst wieder am 17. April 1946 in der Vierthalerstraße aufgenommen wurde. Die Rajsigl-Fabrik in der Stadt wurde bald zu klein und so errichtete man 1948 in der Flachgauer Marktgemeinde Grödig ein neues Firmengebäude für einen Filialbetrieb. Um diese Zeit wurde das Unternehmen von Kappel & Kluge aus der Tschechoslowakei übernommen.[1][2]
Am 26. März 1949 veröffentlichte die "Salzburger Zeitung" Neueintragungen im Handelsregister:[3]
A 573 (Sb): Mirabell Bisquit- und Confiseriefabrik Kappel & Kluge, Sitz: Grödig Nr. 1. Geschäftszweig: Betrieb einer Süßwarenfabrik und die Haltung von ergänzenden Erzeugungs- und Verkaufsbetrieben. Persönlich haftende Gesellschafter: Ilse Kappel, Handelsfrau in St. Gilgen; Vittoria Kluge, Handelsfrau in Lofer; Doktor Ing. Heinz Kappel in Salzburg und Ing. Richard Wagner in Grödig sind Gesamtprokuristen. Je zwei von ihnen vertreten gemeinsam. Rechtsverhältnisse: Offene Handelsgesellschaft seit 1. Jänner 1948. Zur Vertretung der Gesellschaft sind die.beiden Gesellschafter in Gemeinschaft ermächtigt.
Das Unternehmen nannte sich seit 1948 aus Gründen des Marketing nun "Mirabell" und legte den Grundstein für die heute weit über Österreichs Grenzen hinaus bekannte Marke "Mirabell".[4]
Ilse und Heinz Kappel führten das Unternehmen und wohnten im Haus Neu-Anifer Straße 1 in Neu-Anif in der Nachbargemeinde Anif.[2]
1955 entstand die erste moderne Schokoladenanlage.[5]
1964 wurde mit seinem Partner Paul Wolf aus Alsbach an der Bergstraße unter der neuen Marke "Wolf" das Knabbergebäck "Goldfischli"[5] auf den Markt gebracht, das 1985 den dritten Platz auf dem österreichischen Markt erreichte.[4]
1965 wurde dann der Standort in der Stadt Salzburg aufgegeben und nur mehr in Grödig produziert. Der Techniker Heinz Kappel tüfftelte an einer maschinellen Herstellung von Mozartkugeln unter Beibehaltung des traditionellen Aufbaus. 1967 stellte er die Fertigung der "Echten Salzburger Mozart-Kugel" nach seinem patentierten Verfahren von der Manufaktur auf industrielle Fertigung um.[4]
1975 übernahm der Schweizer Schokoladenhersteller Suchard die Mehrheit am Unternehmen und 1980 ging "Mirabell" zu 100 % an Suchard. Es folgte eine Übernahme von Interfood und dann von Kraft Foods International.
1985 wurden täglich rund 400 000 Mozart-Kugeln erzeugt, 25 Prozent gingen in den Export und jede sechste in verkaufte Mozart-Kugel stammte aus Grödig. Zu dieser Zeit wurden zwischen 150 und 180 Produkte in Grödig produziert. In früheren Jahren waren es aber bis zu 500 verschiedene gewesen. In diesem Jahr beschäftigte das Unternehmen rund 300 Mitarbeiter, wovon 60 Prozent Frauen waren.[4]
1994 kaufte Familie Pöll das Unternehmen und wurde damit zum österreichischen Privatunternehmen. Seit diesem Jahr heißt das Unternehmen "Salzburg Schokolade". 2014 übernahmen die Philipp Harmer Beteiligungs-GmbH sowie Mag. Christian Schügerl das Unternehmen und war damit wieder zu 100 Prozent in österreichischen Händen.
2016 wurden die neuen Marken "Salzburg Confisérie" und "Maria Theresia" auf den Markt gebracht, jedoch blieb weiterhin das Hauptprodukt "die echte Salzburger Mozartkugel von Mirabell".
Pro Jahr wurden "echte" Salzburger Mozartkugeln im hohen zweistelligen Millionenbereich produziert. Mirabell war der erste Betrieb in Salzburg und der erste Lebensmittelbetrieb in Österreich, der im Jahr 1991 ISO-zertifiziert wurde.
2021: Konkurs und Neubeginn
Am Montag, den 29. November 2021, musste das Unternehmen den Konkursantrag stellen. Die Verbindlichkeiten des Traditionsunternehmens lagen bei 27,29 Millionen Euro. Dem stand ein Vermögen von 23,35 Millionen Euro gegenüber.[6] Am Dienstag, 30. November, wurde das Konkursverfahren über die "Salzburg Schokolade" eröffnet. 140 Mitarbeiter und rund 600 Gläubiger waren betroffen. Die Überschuldung betrug rund 3,9 Mill. Euro.[7]
"Das ist mein schwierigstes Mail, das ich Ihnen nach mehr 7,5 Jahren als CEO der Salzburg Schokolade Gruppe schicken muss", schrieb Christian Schügerl (geschäftsführender Gesellschafter) an seine Mitarbeiter. Die Rücklagen der guten wirtschaftlichen Jahre von 2016 bis 2019 reichten nicht aus, um die Verluste in der Coronapandemie zu kompensieren. Sowohl am Standort Wien als auch in Salzburg fehlten die Touristen. Hinzu komme der neuerliche Lockdown umrahmt von steigenden Rohstoffpreisen und steigenden Kosten im Logistikbereich. Die Verkaufsläden hätten in der Pandemie zwar theoretisch öffnen können - jedoch fehlte es an Kunden, Veranstaltungen und großen Anlässen, an denen man Schokolade verschenke.
I2021 gelang es dem Unternehmen, neue Kunden im Export-Sektor zu gewinnen, jedoch konnten auch diese die Lage nicht mehr stabilisieren. Christian Schügerl wies darauf hin, dass die "Salzburg Schokolade CZ" mit Sitz in Tschechien, eine 100-prozentige Tochter der "Salzburg Schokolade GmbH" in Grödig, von der Insolvenz nicht betroffen war. Sie setzte ihre Geschäftstätigkeit mit dem Co-Packing von Süßwaren und Lebensmitteln im Werk in Plana fort.
Am 13. Dezember 2021 berichteten die "Salzburger Nachrichten", dass die "Heidi Chocolat AG", eine Investorengruppe rund um Julius Meinl V., das Unternehmen übernehmen möchte und die Mitarbeiter am Standort halten. Sie rettete auch schon die Niemetz-Schwedenbombe. Wenn der Großkunde Mondelez, für den die "echten Salzburger Mozartkugeln" produziert werden, zustimmt und als Kunde erhalten bleibt. Die Salzburger Sparkasse versorgte das Unternehmen in den nächsten Wochen mit Liquidität, sodass der Betrieb weiterhin produzieren konnte.
Der Investor Heidi Chocolat wurde in den 1990er-Jahren von der Schweizer Schokoladenmanufaktur Läderach in Rumänien gegründet und gehört zur Meinl-Gruppe. Im Jahr 2013 übernahm man die Marke Niemetz mit ihrem Traditionsprodukt der Schwedenbombe.[8]
2023: Kampf der Schoko-Giganten um die Mozartkugel
Mit "Mozart Koogles by House of Julius Meinl" will Julius Meinl V. mit seiner rumänischen Schoko-Gruppe Heidi Chocolat (KEX-Gruppe) den Klassiker Mozartkugel neu interpretieren - neben der klassischen Geschmacksrichtung Nougat auch in "Coffee" oder "Tropical Lychee". Hergestellt wird die neue Mozartkugel-Konkurrenz von der "Salzburg Schokolade" in Grödig, wie ein Sprecher von Heidi Chocolat Anfang März 2023 bestätigte. Der US-Konzern Mondelez, für den weiterhin die "echten Salzburger Mozartkugel von Mirabell" in Grödig exklusiv hergestellt werden, ist mit den Marken Milka und Suchard Marktführer im heimischen Schokoladengeschäft.
Erst im Dezember 2022 gab "Salzburg Schokolade" bekannt, 25 der 110 Mitarbeiter kündigen zu müssen. Damals machte man "die Auswirkungen der Insolvenz sowie die stark gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Verpackung, Transport und vor allem Energie" dafür verantwortlich, Kapazitätsanpassungen durchführen zu müssen. Jetzt gehe es darum, eine Erweiterung der Produktpalette in Richtung Premiumsegment zu schaffen. Verkauft wird vorerst im Werk in Salzburg und über Heidi Chocolat. Ab April 2023 hofft man auf eine Listung im Handel.
Produktübersicht
Zum Produktsortiment gehört neben Pralinenspezialitäten auch die österreichische Süßwaren-Ikone Bobby Riegel. Weitere bekannte Marken sind: Salzburg Confiserie, Maria Theresia Taler, Schokotaler.com (Webshop) sowie Nordpol-Spezialprodukte für Bäcker. Die Gesellschafter der Salzburg Schokolade GmbH sind die Philipp Harmer Beteiligungs-GmbH in Wien sowie Geschäftsführer Christian Schügerl.[6]
Über 44 Millionen Mirabell-Mozartkugeln würden in Grödig pro Jahr erzeugt (Stand März 2023). Zwei Drittel davon werden an Touristen verkauft, ein Drittel an Österreicher.
Quellen
- schoko.at, die homepage des heutigen Unternehmens
- Presseinformation des Unternehmens
- Zaisberger, Friederika, Heinisch, Reinhard R. (Hg.): Leben über den Tod hinaus. Prominente im Salzburger Kommunalfriedhof. Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, 23. Ergänzungsband. Verlag der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg 2006
Einzelnachweise
- ↑ www.chocolatewrappers.info, abgefragt am 30. November 2021
- ↑ 2,0 2,1 Lt. Zeitzeugin Edith Krackowizer, deren Mutter jahrzehntelang in diesem Unternehmen arbeitete.
- ↑ ANNO, Salzburger Zeitung, Ausgabe vom 26. März 1949, Seite 2
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 www.sn.at, Archiv der "Salzburger Nachrichten", Ausgabe vom 31. August 1985, Seite 6
- ↑ 5,0 5,1 www.sn.at, Archiv der "Salzburger Nachrichten", Ausgabe vom 29. November 1980
- ↑ 6,0 6,1 www.sn.at, 30. November 2021
- ↑ www.sn.at/salzburg/wirtschaft, 2. Dezember 2021
- ↑ www.sn.at, 13. Dezember 2021