Salzburg und der Salzachkreis im 19. Jahrhundert

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"Charte vom Erzherzogthum Oesterreich, den Herzogthümern Steyermark, Salzburg, Kärnthen und Krain" 1807.

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die politischen Veränderungen von Salzburg und des Salzachkreises im 19. Jahrhundert.

1803–1805, Salzburg, ein Kurfürstentum

Schon im zwischen Frankreich und Kaiser Franz II./I. geschlossenen Pariser Vertrag vom 26. Dezember 1802 war vereinbart worden, dass Erzherzog-Großherzog Ferdinand III. von Toskana, Bruder des Kaisers, als Entschädigung für den Verlust der Toskana andere Gebiete erhalten sollte. Die Durchführung der Verträge von Lunéville und Paris (Frankreich) erfolgte im "Reichsdeputationshauptschluss" von 1803. Dabei wurde das Kurfürstentum Salzburg – das jedoch seine Exklave Mühldorf am Inn verlor – mit dem Hochstift Passau, Hochstift Eichstätt und der Fürstpropstei Berchtesgaden Ferdinand zugleich mit der Kurfürstenwürde zugesprochen.

Salzburg, das bis 1803 unter der Herrschaft seiner Fürsterzbischöfe gestanden war, wurde 1803 säkularisiert (also von einem geistlichen in ein weltliches Fürstentum umgewandelt). Am 11. Februar 1803 dankte Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo als letzter Landesfürst ab, vier Tage später trat der nunmehrige Kurfürst Ferdinand die Herrschaft in Salzburg an. Zusammen mit den ebenfalls säkularisierten Fürstentümern Berchtesgaden (vorher Fürstpropstei), (einem Teil des) Hochstifts Passau und Hochstifts Eichstätt (vorher Fürstbistümer) wurde Salzburg unter die Herrschaft des Erzherzogs gestellt. Dessen Bruder, der römisch-deutsche Kaiser Franz II./I., erhob das Kurfürstentum Salzburg im Juli 1803 darauf zum Herzogtum.[1]

Die Regierungszeit des Kurfürsten begann vielversprechend und war z. B. mit der Errichtung einer medizinischen Fakultät in Salzburg verbunden. Doch schon nach 2 ½ Jahren fiel Salzburg an Kaisertum Österreich (als kleine Entschädigung für die Gebietsverluste, die Österreich nach der verlorenen Schlacht von Austerlitz[2], hinnehmen musste). Kurfürst Ferdinand wurde dafür mit dem Großherzogtum Würzburg entschädigt, das er allerdings ebenfalls nur wenige Jahre regieren durfte.

1806 (bzw. 1807)–1809 "Herzogthum Salzburg"

Das Herzogtum Salzburg bestand in der Realität nur als einer von vielen Titeln des österreichischen bzw. österreichisch-ungarischen Kaisers von 1816 bis 1918 Für die Verwaltung des Landes war der Titel des Kaisers ohne jede Bedeutung. Auf wichtigen offiziellen Dokumenten ist der Name Herzogt(h)um nicht zu erkennen. Für die Jahre 1816-1849 ist der Begriff auch deshalb nicht schlüssig, weil es damals ein Land mit dem Namen "Salzburg" offiziell nicht gab.

Durch den Frieden von Pressburg wurde das Kurfürstentum (bzw. Herzogtum) Salzburg mit der Fürstpropstei Berchtesgaden am 26. Dezember 1805 an Kaiser Franz II./I. von Österreich abgetreten (erste österreichische Herrschaft).[3] Dieser Beschluss wurde mit 1. Mai 1806 umgesetzt.

Kaiser Franz II./I. – zu jener Zeit noch römisch-deutscher Kaiser (Franz II. bis 1806), zugleich jedoch bereits Kaiser von Österreich (Franz I. ab 1804) – nahm Salzburg und die Fürstpropstei Berchtesgaden durch Patent vom 12. Februar 1806 feierlich in Besitz. Unklar blieb vorerst, ob Salzburg an ein anderes Kronland angegliedert oder eine eigene Landesregierung erhalten sollte. Erst 1807 wurde entschieden das Salzburg nominell "Herzogtum" - aber ohne eigenständigen Herzog als Regenten - werden sollte.

Für Salzburg und Berchtesgaden wurde aber erst 1807 eine eigene (gemeinsame) Landesregierung (mit Sitz in Salzburg) aufgestellt und dieser ein mit den übrigen österreichischen Länderstellen gleicher Wirkungskreis eingeräumt.[4] Sie unterstand der vereinigten Hofkanzlei in Wien. Das in Justizsachen für Salzburg zuständige Appellationsgericht hatte seinen Sitz ebenfalls in Wien.

Nur die exponierte Lage an der Grenze zum Königreich Bayern, einem Verbündeten Napoleons, sicherte damals den Fortbestand des Landes. Zu den bemerkenswerteren Regierungsmaßnahmen dieser wiederum kurzen Epoche gehörte die Einführung eines Ehegesetzes für Salzburg und Berchtesgaden.[5]

1810–1815, Bayrischer Salzachkreis

Durch den Wiener Frieden von 1809 kam Salzburg für ein paar Monate an Frankreich, von dem es 1810 an Bayern abgetreten wurde.

1816–1849, Salzburg als Salzachkreis ein Teil Oberösterreichs

Nach dem Wiener Kongress kam Salzburg 1816 endgültig zu Österreich, allerdings ohne die Gebiete am linken Salzachufer, den Rupertiwinkel, der, wie auch Berchtesgaden, bei Bayern blieb. Der Kaiser von Österreich schlug daraufhin die bisher salzburgischen Gebiete des Zillertals und des Brixentals dem Land Tirol zu. Damit erhielt das Land Salzburg seinen noch heute bestehenden Gebietsumfang.

Salzburg bildete nun den Salzachkreis des Kronlandes Österreich ob der Enns. 1849 erhielt es den Status eines selbstständigen Kronlandes Salzburg. Aus dem Herzogtum entstand im November 1918 das Bundesland Salzburg.

1849–1918, Kronland Salzburg

"Kronland" war ab 4. August[6] 1849 die Bezeichnung für jedes der historischen Königreiche und Länder (Erzherzogtum, Herzogtümer, Grafschaften usw.), die das Kaisertum Österreich bildeten und denen die für Kronländer vorgesehene verfassungsrechtliche Eigenständigkeit zuerkannt war.[7] Salzburg wurde daher auch von 1849 bis 1918 wieder Herzogtum genannt. Vorher war der Ausdruck "Erbländer" ("der österreichischen Monarchie" odgl.) gebräuchlich, da die Habsburger erbliche Herrscher der Königreiche usw. (im Gegensatz, bis 1806, zur durch Wahl erlangten Kaiserwürde) waren[8]. (Salzburg bzw. der Salzachkreis war vorher aber kein eigenes Erbland.)

1816 bis 1848, der Salzachkreis als fünfter Kreis von Österreich ob der Enns

Staatsrechtlicher Rahmen

Im Vertrag von Ried in Östereich ob der Enns (1813) war die Grenzziehung zwischen dem Königreich Bayern und dem Kaisertum Österreich nur vage geregelt worden, nach massivem österreichischem Druck musste sich Bayern zum Vertrag von München (1816) bequemen.

Am 1. Mai 1816 kam Salzburg (mit einigen anderen Gebieten) daher endgültig zum Kaisertum Österreich. Das Königreich Bayern behielt das wirtschaftlich wertvolle Gebiet des Rupertiwinkels am linken Ufer der Salzach und ebenfalls das nur kurz zu Salzburg gehörige Berchtesgadener Land.

Aus der Sicht der damaligen österreichischen Staatsdoktrin war dies im Wesentlichen die Wiederherstellung eines früheren (mit höherer Legitimität versehenen) Zustandes, sodass schon im Vertrag von München die Gebietsabtretung als "Rückgabe" des 1809 abgetretenen Herzogtums Salzburg bezeichnet wurde.

Allerdings wurden sogleich das Zillertal und das Brixental (Gericht Itter mit dem Markt Hopfgarten), die bisher zu Salzburg gehört hatten, dem Land Tirol zugeschlagen. Damit war der Gebietsstand erreicht, der bis heute (von kleinen Grenzbereinigungen im Gefolge von Flussregulierungen udgl.) unverändert geblieben ist.

Das Land wurde als fünfter Kreis von Österreich ob der Enns (Oberösterreich) und der Landesregierung in Linz unterstellt. Nur dem Namen nach führte dieser Salzachkreis auch den Titel eines Herzogtums Salzburg weiter. Alle Bitten der Bürgerschaft um Gewährung einer eigenen Landesregierung, um die Residenz eines kaiserlichen Prinzen in Salzburg und um Wiedererrichtung der Universität verhallten ungehört, ebenso die Klagen, dass Salzburg "zu einem Betteldorf mit leeren Palästen herabgesunken" sei. Die zentralistische Verwaltung des riesigen Kaiserstaates hatte für ein kleines Gebiet wie Salzburg kein Verständnis.

Aufgeschlossener war der Kaiser gegenüber dem Wunsch nach Wiedererrichtung der Hohen Salzburger Landschaft, zumal die Deutsche Bundesakte die Einführung landständischer Verfassungen in allen Bundesstaaten (der Kaiser von Österreich gehörte dem Deutschen Bund mit allen seinen vormals zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zählenden Besitzungen an) vorsah. Dies wurde aber von der Landesregierung von Österreich ob der Enns hintertrieben. Die Entscheidung, ob Salzburg eigene Landstände erhalten oder ob Vertreter Salzburgs in die Landstände Österreichs ob der Enns aufgenommen – und Salzburg damit seine verfassungsrechtliche Eigenständigkeit verlieren – sollte, blieb bis 1848 in Schwebe.

Salzburg als Betteldorf

Hauptartikel Salzburg - vom Betteldorf zum reich gesegneten Land

Der Beginn der österreichischen Herrschaft stand für Salzburg unter keinem guten Stern: Mit dem Verlust der Residenzfunktion wanderten die Hofbediensteten und Beamten ab, die Bevölkerung der Stadt ging von 16 000 auf weniger als 12 000 Bewohner zurück. Lustschlösser und Paläste verödeten.

Nach Missernten in den Jahren 1814 bis 1816 forderte eine große Hungersnot zahlreiche Todesopfer unter der Bevölkerung. 1818 legte ein Brand den Stadtteil am rechten Salzachufer samt dem Schloss Mirabell in Schutt und Asche.

Die Armut der Bevölkerung nahm zu und die intensive polizeiliche Überwachung und Bespitzelung in der Zeit des Vormärz (1815 - 1848) unterdrückte alle politischen Regungen. Das Bürgertum zog sich ins biedermeierliche Privatleben zurück und die Bevölkerung in Stadt und Land versank in tiefe Apathie und Hoffnungslosigkeit. "Auf den Straßen und Plätzen der Stadt, deren es viele und schöne gibt, wächst Gras, so wenig werden sie betreten", schrieb Franz Schubert anlässlich seines Besuchs in Salzburg 1825.

Salzburg kämpft sich zurück

Erst die Aktivitäten des aus Tirol stammenden Advokaten Dr. Alois Fischer, der später Landespräsident von Oberösterreich wurde, und das Revolutionsjahr 1848 führten zu einem Umschwung. Salzburg wurde zu einem Kronland der Monarchie und erhielt – verzögert durch die Ära des Neoabsolutismus – 18601861 eigene Landesbehörden und Landstände.

Übergeordnete Behörden wie die Bundesbahndirektion, das Oberlandesgericht und die Post- und Telegraphendirektion für Salzburg, die ihren Sitz in Linz hatten bzw. noch haben, erinnerten lange an die Zeit als fünfter Kreis von Oberösterreich, die von den Salzburgern als tiefe Erniedrigung empfunden wurde. Der Weg nach Österreich war steinig und entbehrungsreich.

1848 bis 1918, Salzburg als selbstständiges Kronland

Das Wappen des selbständigen Kronlandes Salzburg.

Die Revolution des Jahres 1848 lenkte die Bestrebungen, die Hohe Salzburger Landschaft wieder zu errichten, in ein Verlangen nach Einrichtung Salzburgs als selbständiges Kronland mit eigenem Landtag und eigener Landesregierung um.

Der Rechtsanwalt Dr. Alois Fischer, der entschiedene Betreiber dieser Entwicklung, wurde Reichstagsabgeordneter und Ende 1848 Statthalter von Oberösterreich (!) und förderte auch in diesen Funktionen die Trennung Salzburgs von Oberösterreich.

Schon im Reichstag wurden durch den Kremsierer Verfassungsentwurf die Weichen in Richtung eines eigenständigen Landes gestellt. Als Kaiser Franz Joseph I. den Reichstag auflöste und am 4. März 1849 die sogenannte oktroyierte Märzverfassung erließ, sah diese das Herzogtum Salzburg als eigenes Kronland vor. Auch diese Verfassung kam bis zu ihrer ersatzlosen Aufhebung (Silvesterpatent von 1851) nicht zur vollen Wirksamkeit, auf ihrer Grundlage wurden aber die Länder neu organisiert.

Mit 1. Jänner 1850 trat die neue Organisation der politischen Verwaltungsbehörden im Kronlande Salzburg in Kraft. An die Spitze der neuen politischen Landesbehörde berief der Kaiser als Statthalter Friedrich Graf Herberstein. Dem Statthalter waren drei Bezirkshauptmannschaften untergeordnet.

Eine eigentliche Landesautonomie mit einem – ständisch zusammengesetzten – Landtag, der an der monarchischen Gesetzgebung teil hatte, und einer gewählten Landesregierung entwickelte sich erst ab 1860.

Gesellschaft und Politik

Das bürgerliche Selbstbewusstsein kam in großen Festen (z. B. den Salzburger Mozartfesten) und in zahlreichen Vereinsgründungen, darunter der der Internationalen Stiftung Mozarteum (1880), zum Ausdruck.

Seit 1870 formierten sich die politischen Parteien, unter denen die Konservativen und die Liberalen dominierten. Der Liberalismus alter Prägung wurde jedoch am Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend von einem radikalen Deutschnationalismus und Antisemitismus abgelöst.

Der Wirtschaftsaufschwung der Stadt Salzburg

Die Eröffnung der Kaiserin-Elisabeth-Westbahn im Jahr 1860, die Salzburg mit Wien und München verband, führte zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Als Kaiser Franz Joseph I. im selben Jahr Salzburg als Festung aufließ und die Bastionen, die bis dahin die Stadt wie ein Korsett eingeschnürt hatten, der Bürgerschaft schenkte, setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung ein. Der Eisenbahnunternehmer Karl Freiherr von Schwarz führte die Regulierung der Salzach durch und nahm den Bau der "Neustadt" am rechten Salzachufer in Angriff.

Mit der Elisabeth-Vorstadt und Riedenburg entstanden bevölkerungsstarke neue Stadtteile. Auch die damaligen Umgebungsgemeinden Gnigl und Maxglan wuchsen sehr stark an.

Literatur

Karten

Weblinks

Quellen

Einzelnachweise

  1. "Kurfürst" war eine reichsrechtliche Funktion, die zu dem Herrschertitel "König", Herzog" usw. hinzutrat und protokollarisch zwischen König und Herzog stand; sie ersetzte die Einordnung des Territoriums als Königreich, Herzogtum, Fürstentum usw. nicht.
  2. "Dreikaiserschlacht"; in Mähren, 1805.
  3. Friedens-Tractat zwischen Ihrer römisch- und österreichisch-kaiserl. Majestät und dem Kaiser der Franzosen, König von Italien. Geschlossen zu Preßburg am 26. Dezember 1805, Artikel X.
  4. Kaiserliches Patent vom 28. August 1807, PGS 7676.
  5. Kaiserliches Patent vom 13. April 1808, PGS 7994.
  6. Quelle ANNO, Salzburger Chronik, Ausgabe vom 2. Jänner 1925, Seite 4 ANNO, Salzburger Chronik, Ausgabe vom 2. Jänner 1925, Seite 4
  7. vgl. die "oktroyierte Märzverfassung von 1849"
  8. Quelle Karl Irresberger
vorher

Salzburg unter Napoleon (1805–1806)
Salzburg Teil des Königreichs Bayern (1810–1816)

Herzogtum Salzburg
1806–1809
1816–1849 (gleichzeitig Salzburg als Teil Oberösterreichs)
nachher

Salzburg Teil des Königreichs Bayern (1810–1816)
Kronland Salzburg